I. Zweites COVID-19-Bevölkerungsschutz-Gesetz Artikel 5
Mit dem zweiten COVID-19-Bevölkerungsschutz-Gesetz hat der Bundesrat und der Bundestag am 14. Mai beziehungsweise 15. Mai 2020 weitere Änderungen für den SGB XI Bereich beschlossen (siehe Anlage1).
Im Wesentlichen wurden zwei Änderungen beschlossen. Der erste Punkt ist die Einführung einer Corona-Prämie für Pflegeeinrichtungen (ambulante Dienste, Tagespflegen und Pflegeheime) mit bis zu 1000 EUR, der von den Pflegekassen finanziert wird und im August von den Arbeitgebern ausbezahlt werden muss. Der zweite Punkt betrifft Verbesserungen bei einer quarantänebedingten Unterbringung von bereits vollstationär versorgten Bewohnern in Reha-Kliniken.
1. Corona-Prämie Altenpflege Deutschland
a. Gesetzeswortlaut § 150a SGB XI
§ 150a Sonderleistung während der Coronavirus-SARS-CoV-2-Pandemie
(1) Die zugelassenen Pflegeeinrichtungen werden verpflichtet, ihren Beschäftigten im Jahr 2020 zum Zweck der Wertschätzung für die besonderen Anforderungen während der Coronavirus-SARS-CoV-2-Pandemie eine für jeden Beschäftigten einmalige Sonderleistung nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 und 8 zu zahlen (Corona-Prämie). Gleiches gilt für Arbeitgeber, deren Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer in Einrichtungen nach Satz 1 im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung oder eines Werk- oder Dienstleistungsvertrags eingesetzt werden.
(2) Die Corona-Prämie ist für Vollzeitbeschäftigte, die in dem Zeitraum vom 1. März 2020 bis einschließlich zum 31. Oktober 2020 (Bemessungszeitraum) mindestens drei Monate in einer zugelassenen oder für eine zugelassene Pflegeeinrichtung tätig waren, in folgender Höhe auszuzahlen:
- in Höhe von 1 000 Euro für Beschäftigte, die Leistungen nach diesem Buch oder im ambulanten Bereich nach dem Fünften Buch durch die direkte Pflege und Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen,
- in Höhe von 667 Euro für andere Beschäftigte, die in einem Umfang von mindestens 25 Prozent ihrer Arbeitszeit gemeinsam mit Pflegebedürftigen tagesstrukturierend, aktivierend, betreuend oder pflegend tätig sind,
- in Höhe von 334 Euro für alle übrigen Beschäftigten.
Freiwillige im Sinne des § 2 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes und Freiwillige im Sinne des § 2 des Jugendfreiwilligendienstgesetzes im freiwilligen sozialen Jahr erhalten eine Corona-Prämie in Höhe von 100 Euro.
Auszubildende und FSJ
- Den Auszubildenden in der Pflege, die mit einer zugelassenen Pflegeeinrichtung einen Ausbildungsvertrag geschlossen haben oder im Bemessungszeitraum mindestens drei Monate in einer zugelassenen Pflegeeinrichtung zur Durchführung der praktischen Ausbildung tätig waren, ist eine Corona-Prämie in Höhe von 600 Euro zu zahlen.
- Dies gilt entsprechend für Auszubildende in landesrechtlich geregelten Assistenz- oder Helferausbildungen in der Pflege von mindestens einjähriger Dauer.
- Freiwilligendienstleistende und Helferinnen und Helfer im freiwilligen sozialen Jahr erhalten nach Nummer 4 eine Prämie in Höhe von 100 Euro.
b. Personenkreis
1.000 Euro Pflege- und Betreuungskräfte
Eine Prämie in Höhe von 1.000 Euro erhalten alle Beschäftigten und von der Pflegeeinrichtung eingesetzten Mitarbeitenden, die schwerpunktmäßig in der direkten Pflege und Betreuung arbeiten. Dies sind insbesondere
- Pflegefach- und Pflegehilfskräfte
- Alltagsbegleiterinnen und Alltagsbegleiter
- Betreuungskräfte
- Assistenzkräfte
- Präsenzkräfte (unabhängig von ihrer betrieblichen Bezeichnung)
- sowie Beschäftigte in der hauswirtschaftlichen Versorgung, wenn diese schwerpunktmäßig in der direkten Pflege und Betreuung arbeiten
667 Euro für andere Beschäftigte
Eine Prämie in Höhe von 667 Euro erhalten alle weiteren Mitarbeitenden, die in der Pflege und Betreuung der Pflegebedürftigen in der Einrichtung mitarbeiten (z.B. Verwaltung, Haustechnik, Küche, Hauswirtschaft, Rezeption), wenn sie mindestens zu 25 Prozent ihrer Arbeitszeit gemeinsam mit Pflegebedürftigen tagesstrukturierend, aktivierend, betreuend oder pflegend tätig sind.
334 Euro für alle übrigen Beschäftigten
AnmerkungenEinige Fragestellungen müssen noch geklärt werden, da diese nicht eindeutig gesetzlich geregelt sind. Beispiele:Sind mit „direkt in der Pflege arbeiten“ auch die indirekten Arbeiten der Pflege von PDL und Wohnbereichsleitungen gemeint?Wie sind die Verwaltungskräfte zu werten, die zu 100% ausschließlich für Pflegeeinrichtungen eines Träger in der „Zentralen Verwaltung“ der Pflegeeinrichtungen beschäftigt sind?Bekommt der Beschäftigte in der ambulanten Pflege, der ausschließlich die hauswirtschaftliche Versorgung macht 1000€ und die Reinigungskraft im Pflegeheim evtl. nur 667€ oder 334€? |
c. Voraussetzungen (150a Abs. 4)
Die Mitarbeiter müssen im Bemessungszeitraum März bis Oktober 2020 mindestens drei Monate in einer Pflegeeinrichtung beschäftigt gewesen sein.
- Mitarbeiter, die in den drei Monaten 03–05.2020 durchgehend beschäftigt waren, erhalten die Corona-Prämie bereits im August ausgezahlt.
- Mitarbeiter, die erst die drei Monatsfrist bis 31.10.2020 erreichen, erhalten die Corona-Prämie erst am Jahresende.
Für Teilzeitbeschäftigte wird die Prämie anteilig ausgezahlt.
d. Erstattungsverfahren Pflegekassen
Die zugelassenen Pflegeeinrichtungen erhalten im Wege der Vorauszahlung von der sozialen Pflegeversicherung den Betrag, den sie für die Auszahlung der Corona-Prämien benötigen, erstattet.
Das Nähere zum Umlageverfahren und zur Zahlung an die Pflegeversicherung bestimmt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.
Es ist ein Meldeverfahren an die Pflegekassen vorgesehen.
- Die Pflegeeinrichtungen ermitteln demnach die Auszahlungsbeträge für Mitarbeiter die zum Stichtag 01.06. die drei Monatsfrist erfüllen.
- Die Auszahlungsbeträge für Mitarbeiter, die die 3‑Monatsfrist erst bis 3.10. erfüllen, werden den Pflegekassen zu einem späteren Zeitpunkt gemeldet.
Die Pflegekassen stellen sicher, dass alle Pflegeeinrichtungen den Betrag, den sie für die Auszahlung der Corona-Prämien benötigen und den sie an die Pflegekassen gemeldet haben, von der sozialen Pflegeversicherung zu den folgenden Zeitpunkten erhalten:
- bis spätestens 15. Juli 2020 für die Beschäftigten, die die 3 Monatsfrist bereits erfüllen
- bis spätestens 15. Dezember 2020 für die Beschäftigten, die diese Frist erst später erreichen
Auszahlung an Beschäftige
Die Auszahlung der jeweiligen Corona-Prämie durch die jeweilige zugelassene Pflegeeinrichtung an ihre Beschäftigten hat unverzüglich nach Erhalt der Vorauszahlung zu erfolgen.
- Nach Erhalt der Vorauszahlung muss die Auszahlung spätestens mit der nächstmöglichen regelmäßigen Entgeltauszahlung erfolgen.
Spitzabrechnung mit Pflegekassen
Die Pflegeeinrichtungen haben den Pflegekassen bis spätestens 15. Februar 2021 die tatsächliche Auszahlung der Corona-Prämien anzuzeigen.
- Demnach ist dann eine Spitzabrechnung der Auszahlungen und erhaltenen Vorauszahlungen vorgesehen.
- Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen legt im Benehmen mit den Bundesvereinigungen der Träger stationärer und ambulanter Pflegeeinrichtungen und geeigneten Verbänden der Arbeitgeber das Verfahren fest.
e. Lohnsteuer und Sozialversicherung
Arbeitgeber können laut BMF Schreiben vom 09.04.2020 ihren Arbeitnehmern in der Zeit vom 1. März bis zum 31. Dezember 2020 aufgrund der Corona-Krise Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1.500 Euro nach § 3 Nummer 11 EStG steuerfrei in Form von Zuschüssen oder Sachbezügen gewähren.
Der Pflegebonus Bayern wird bereits auf diese 1.500€-Freigrenze angerechnet.
Folgende Zahlungen sind auf diese 1.500€ Freigrenze anzurechnen:
- Zusätzliche steuerfrei gewährte (Corona-bedingte) Gefährdungs- und Erschwerniszulagen
- Pflegebonus Bayern 500€
- Corona-Prämie 1000€ (nur Beschäftigte in der Altenpflege)
- An Mitarbeiter bar ausgezahlte Verpflegungskosten (Erstattung Verpflegungskosten in Bayern)
Die Corona-Prämie kann steuer- und SV-frei ausgezahlt werden, solange die 1.500€ Freigrenze nicht überschritten ist. Bei vollzeitbeschäftigten Pflegekräfte wird diese Grenze mit dem Pflegebonus Bayern und der Corona-Prämie erreicht.
Es ist davon auszugehen, dass die Pflegekassen die Corona-Prämie ohne SV-Anteile erstatten.
Empfehlung Wir empfehlen, die Corona-Prämie vorrangig vor allen bisher gewährten steuerfreien Zahlungen steuer- und SV-frei auszuzahlen. Es sollte geprüft werden, bei welchen Beschäftigten die 1.500€ Freigrenze durch Pflegebonus Bayern und die Corona-Prämie ausgeschöpft wird.Bei Überschreitung der Freigrenze, sollten alle bisher gewährten steuerfreien Zulagen und ausgezahlte Verpflegungspauschalen (Erstattung Verpflegungskosten in Bayern) ‑auch nachträglich durch Rückrechnung- in der Lohnabrechnung steuer- und SV-pflichtig abgerechnet werden. |
2. Kurzzeitpflege und vollstationäre Pflege nach § 149 SGB XI
Bisher war in Reha-Einrichtungen nur die Erbringung und Abrechnung von Kurzzeitpflegeleistungen nach §42 SGB XI möglich.
Die Stellung von Reha-Einrichtungen im Rahmen von Quarantänemaßnahmen für vollstationäre Pflegeeinrichtungen wird nun mit Wirkung ab 28.März 2020 wie folgt verbessert:
a. Quarantänebedingte Versorgung von Pflegeheimbewohnern in Reha-Einrichtungen
- Rehabilitationseinrichtungen können auch ersatzweise die pflegerische Versorgung von Pflegebedürftigen übernehmen, wenn diese in der bisherigen vollstationären Pflegeeinrichtung in Folge einer notwendigen Quarantäne/Isolation aufgrund der Corona-Pandemie vorübergehend nicht gewährleistet werden kann.
- Die Regelung ist grundsätzlich auf maximal 14 Kalendertage begrenzt. Im begründeten Einzelfall kann in Abstimmung mit der Pflegekasse des betreffenden Pflegebedürftigen eine Verlängerung vorgesehen werden.
- Für die Dauer der vorübergehenden pflegerischen Versorgung bleibt die Zahlungsverpflichtung der Heimentgelte der Pflegebedürftigen und ihrer Kostenträger unverändert gegenüber der bisherigen vollstationären Pflegeeinrichtung bestehen.
- Das führt zugleich dazu, dass auch die Leistungsbeträge nach § 43 von den Pflegekassen für die betreffenden Zeiträume unverändert an die Einrichtung weiter zu zahlen sind.
- Dadurch entstehen der bisherigen Pflegeeinrichtung keine Mindereinnahmen.
- Der Pflegeplatz des Pflegebedürftigen ist von der vollstationären Pflegeeinrichtung während dieser Abwesenheit entsprechend freizuhalten.
Die Rehabilitationseinrichtung übernimmt in o.g. Fällen die anderweitige pflegerische Versorgung der betreffenden Pflegebedürftigen und erhält für die Dauer je Versorgungstag (Aufnahme- und Entlassungstag sind als ein Versorgungstag zu werten) den Vergütungssatz nach § 111 Absatz 5 SGB V direkt von den Pflegekassen entsprechend dem bereits etablierten Verfahren nach § 150 Abs. 2 SGB XI erstattet.
- Der Pflegebedürftige darf mit keinen zusätzlichen Kosten belastet werden.
Eine Empfehlung zum Abrechnungsverfahren hierzu wird vom Spitzenverband Bund der Pflegekassen im Benehmen mit den Verbänden der Träger von vollstationären Pflegeeinrichtungen sowie im Benehmen mit den Verbänden der stationären medizinischen Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen Empfehlungen zur Durchführung der formellen Abwicklung des Abrechnungsverfahrens abgeben.
b. Kurzzeitpflege in Reha-Einrichtungen
In § 149 Abs. 2 SGB XI wird geregelt, dass Kurzzeitpflege in Reha-Einrichtungen erbracht werden kann und die Pflegekassen bis einschließlich 30. September 2020 Aufwendungen bis zu einem Gesamtbetrag von 2.418 Euro übernehmen müssen.
3. Entlastungsbetrag für PG 1 flexibler einsetzbar
In § 150 Abs. 5b SGB XI wird geregelt, dass für Pflegebedürftige des Pflegegrad 1 ein möglichst flexibler Einsatz des Entlastungsbetrages ermöglicht werden soll, um coronabedingte Versorgungsengpässe zu vermeiden.
Dies kann von professionellen Angeboten bis zur Inanspruchnahme nachbarschaftlicher Hilfe reichen.
Die Regelung findet keine Anwendung auf Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5.
Nach dem Vorbild der Regelung des § 150 Absatz 5 legt der Spitzenverband Bund der Pflegekassen Einzelheiten zur Umsetzung in Empfehlungen fest.
Entlastungsbetrag länger übertragbar:
In § 150 Abs. 5c wird geregelt, dass der im Jahr 2019 nicht verbrauchte Betrag für die Leistung nach § 45b Absatz 1 Satz 1 SGB XI in den Zeitraum bis zum 30. September 2020 übertragen werden kann.
Haben Sie Fragen? Dann wenden Sie sich bitte an Herrn Hubert Braun per E‑Mail unter hubert.braun(at)schwan-partner.de oder rufen Sie an unter 089 665191–0.
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