Ausgabe 144
Altenhilfe | Aus der Praxis für die Praxis
I. Förderungen Pflegepersonalstärkungsgesetz (PpSG)
1. Regelungen für Pflegeeinrichtungen in Bayern
Die Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände in Bayern hat das Antragsverfahren neu geregelt.
Die Bearbeitung der Anträge, Erstellung der Bescheide und die Auszahlung der Fördergelder erfolgt einheitlich über eine Pflegekasse.
In Bayern wurde die Verteilung nach Regierungsbezirken vereinbart.
Kasse | Regierungsbezirke | Kontakt per E‑Mail (bevorzugt) | Kontakt per Post |
AOK | Oberbayern | foerdergeldpflege[at]by.aok.de | AOK Bayern - Die Gesundheitskasse |
Schwaben | Pflegekasse bei der AOK Bayern | ||
Mittelfranken | Pestalozzistr. 8, 95326 Kulmbach | ||
DAK | Niederbayern | service007830[at]dak.de | DAK-Gesundheit |
Oberfranken | Fachbereich Pflege (007830) | ||
Unterfranken | Nagelsweg 27–30 | ||
Oberpfalz | 20097 Hamburg |
Die o. g. Kontaktadressen sind zuständig für folgende Bereiche:
1. Finanzierung zusätzlicher Stellen (§ 8 Abs. 6 SGB XI)
2. Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf (§ 8 Abs. 7 SGB XI)
3. Investitionen in Digitalisierungsmaßnahmen (§ 8 Abs. 8 SGB XI)
4. Schulungen zur Indikatorenerhebung (§1 1 4b SGB XI)
Sofern Einrichtungen bereits Anträge zur Fristwahrung an anderer Stelle (z. B. Pflegesatzverhandler) gestellt haben, werden diese an die nunmehr zuständige Stelle weitergeleitet.
2. Bürokratie bremst Hilfen aus — Sofortprogramm für 1 3.000 zusätzliche Stellen geht ins Leere
Mit dem Gesetz sollten spürbare Verbesserungen im Alltag der Pflegekräfte, durch eine bessere Personalausstattung und bessere Arbeitsbedingungen in der Kranken- und Altenpflege, erreicht werden. Theorie und Praxis sind oft zwei Paar Schuhe. Allzu oft trägt die Theorie der Praxis vor Ort leider nicht Rechnung. Das gilt insbesondere für das nun Realität gewordene Beantragungsverfahren für die PpSG-Fachkraftstellen.
Um die sachgerechte Beantragung, Änderungsmeldungen, Neubeantragungen und monatlichen Überwachungen durchführen zu können, ist quasi eine zusätzliche Verwaltungskraft in der Pflegeeinrichtung erforderlich.
Das Antragsverfahren mutiert so wie es jetzt umgesetzt wird zu einem Bürokratiemonster. Geschaffen werden hier insbesondere Stellen in der Verwaltung, die aber nicht refinanziert werden, und nicht die dringend notwendige Unterstützung in der Pflege.
–> FAQ’s Informationen für häufig gestellte Fragen § 8 Abs. 6
Die Pflegekassen haben FAQ’s erstellt (siehe Anlage 1)
Wann sind demnach Meldungen bzw. neue Anträge bei der Pflegekasse erforderlich:
- Bei allen Änderungen im Gehalt (z. B. durch Tarifabschlüsse, Stufensteigerungen usw. sind neue Anträge zu stellen).
- Bei Wegfall der finanzierten Fachkraft.
- Schwankungen bei sonstigen Zulagen, ggfs. sei hier am Jahresende eine Spitzabrechnung vorzunehmen.
- Bei Unterschreitung der Fachkraftquote, obgleich zusätzliche Gesamtstellen vorgehalten werden.
–> Erste Erfahrungen
- Da hier nur „Neueinstellungen“ finanziert werden, ist die Fluktuation dieser Mitarbeiter von Natur aus höher. Praktiker wissen dies natürlich. Der Theorie ist es scheinbar egal. Gestellte Anträge sind noch nicht bearbeitet, schon ist ein Wechsel oder ein zweiterWechsel der PpSG-Stelle festzustellen.
- Schwankungen bei den PpSG-Stellen werden nicht ausgeglichen, da hier nicht der Monatsdurchschnitt von 4 Monaten, wie im SGB XI, zählt. Überbesetzungen können so nicht mit Unterbesetzungen verrechnet werden. Überbesetzungen führen zu einem Defizit, wobei Unterbesetzungen zurück erstattet werden müssen.
- Es ist nicht klar, wie bei einem Personalwechsel zu verfahren ist (neuer Antrag oder Spitzabrechnung am Jahresende).
- Das ganze Antragsverfahren für eine 1,0 Stelle kostet mehr Zeit als ein „normaler“ Pflegesatzantrag für z. B. 100 Stellen.
Fazit Die Finanzierungsmodalitäten für zusätzliche Stellen (§ 8 Abs. 6 SGB XI) haben sich bereits schon jetzt als nicht praxistauglich erwiesen.Viele Träger haben bereits vor dem Bürokratiemonster kapituliert und stellen keine Anträge, da dieses Verfahren nur mit einem immensen Verwaltungsaufwand verbunden ist.Das Verfahren und das Gesetz müssen dringend geändert werden. Ansonsten werden die Versprechungen der Politik, schnelle und bessere Arbeitsbedingungen in der Altenpflege zu schaffen, ins Leere laufen! |
3. Zuschüsse
a. Zuschüsse Digitalisierung — 12.000 €
Wer wird gefördert?
Antragsberechtigt sind ambulante Dienste, Tagespflegen und Pflegeheime. Der Zuschuss kann pro Versorgungsvertrag beantragt werden.
Was wird gefördert?
Förderfähig sind einmalige Anschaffungen – auch Leasingverträge – von digitaler oder technischer Ausrüstung, die insbesondere
- die Entbürokratisierung der Pflegedokumentation,
- die Dienst- und Tourenplanung,
- das interne Qualitätsmanagement,
- die Erhebung von Qualitätsindikatoren,
- die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und stationären Pflegeeinrichtungen,
- die Aus‑, Fort‑,Weiterbildung oder Schulung in der Anwendung digitaler oder technischer Ausrüstung sowie
- die elektronische Abrechnung pflegerischer Leistungen nach § 1 05 SGB XI betreffen.
Nach der Gesetzesbegründung handelt es sich insbesondere um digitale Anwendungen, wenn diese das interne Qualitätsmanagement, die Erhebung von Qualitätsindikatoren, die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und stationären Pflegeeinrichtungen sowie die Aus‑, Fort- und Weiterbildung in der Altenpflege betreffen oder zur Entlastung der Pflegekräfte eingesetzt werden.
Anschaffungen in Verbindung mit einem Leasingvertrag sind mit ihrem Gesamtbetrag anzugeben. Der Gesamtbetrag darf dabei ausschließlich die monatlichen Leasingbeträge beinhalten, die frühestens ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes nach § 8 Absatz 8 SGB XI und maximal bis zum 31.12.2021, für die Einrichtung anfallen. Laufende Kosten für den Betrieb der digitalen oder technischen Ausrüstung (z. B. Kosten für Lizenzen,Wartung, Service) sind nicht förderfähig und von der Gesamtsumme zu subtrahieren.
Wie hoch ist die Förderung?
Die Förderung erfolgt in Form eines einmaligen Zuschusses je Pflegeeinrichtung bzw. pro Versorgungsvertrag von bis zu 40 Prozent, höchstens aber 12.000 Euro. Um den maximalen Zuschuss zu erhalten sind somit Gesamtaufwendungen von 30.000 Euro erforderlich.
Wie lange kann der Antrag gestellt werden?
Die Fördermöglichkeit ist auf die Jahre 2019 bis 2021 begrenzt. Der letzte Förderantrag muss daher am 31.12.2021 gestellt sein.
Wie ist der Antrag zu stellen?
Der Antrag ist mit dem beiliegenden Antragsformular Anlage 2 gestellt werden.
c. Bessere Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf — 7.500 €
Bis 2024 stehen für ambulante Pflegedienste und vollstationäre Pflegeeinrichtungen jährlich 100 Millionen Euro bereit, damit Mitarbeiter Pflege, Familie und Beruf besser vereinbaren können.
Gefördert werden individuelle und gemeinschaftliche Betreuungsangebote, die auf die besonderen Arbeitszeiten von Pflegekräften ausgerichtet sind. Auch für Schulungen und Weiterbildungen, die die Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf verbessern, gibt es Zuschüsse.
Wie hoch ist die Förderung?
Jede Einrichtung erhält von 2019 bis 2024 jährlich 50 Prozent der Ausgaben für diesen Bereich, höchstens jedoch 7.500 Euro.
Wie ist der Antrag zu stellen?
Der Antrag ist mit dem beiliegenden Antragsformular Anlage 3 zu stellen.
II. Unterbringung Sozialhilfeempfänger in Einzelzimmern
In Oberfranken kein ärztliches Attest mehr erforderlich. Der Ausschuss für Soziales des Bezirks Oberfranken hat in seiner Sitzung am 04.04.2019 den Beschluss gefasst, bei Einzelzimmerunterbringungen in stationären Alten- und Pflegeeinrichtungen künftig auf die Vorlage ärztlicher Berichte oder Stellungnahmen der Einrichtungen zu verzichten. Es ist somit künftig ausreichend, in der „Bedarfsmitteilung“ anzukreuzen, ob die Aufnahme im Einzel- oder Doppelzimmer erfolgen wird.
III. Nachtdienst
In der Anlage 4 ist eine neue Regelung zum Nachtdienstschlüssel in Pflegeeinrichtungen angefügt. Die neue Verwaltungsvorschrift ersetzt die Regelung zum Nachtdienstschlüssel in Pflegeeinrichtungen aus dem Jahr 2015. Daher bittet das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege die bisherigen Schreiben als gegenstandslos zu betrachten. Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 sind demnach in Zukunft wie rüstige Bewohnerinnen und Bewohner zu behandeln. Rüstige Bewohnerinnen und Bewohner sowie Pflegebedürftige mit dem Pflegegrad 1 sind bei der Berechnung des Nachtdienstschlüssels (1:30 oder 1:40) grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.
IV. GMS Schreiben Fachkräfte vom 01.04.2019 — Definition Fachkraft
In der Anlage 5 ist eine neue interne Verwaltungsvorschrift vom 01.04.2019 zu § 16 der Verordnung zur Ausführung des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes (AVPfleWoqG) abrufbar. Es handelt sich um eine unveröffentlichte Verwaltungsvorschrift.
Die konsolidierte Verwaltungsvorschrift ersetzt die bisher ergangene Verwaltungsvorschrift vom 31.08.2011, welche durch die Verwaltungsvorschriften vom 13.10.2011, 27.02.2017, 02.03.2018 und 03.04.2018 geändert wurde. Diese Schreiben werden damit gegenstandlos.
Folgende wesentliche Änderungen ergeben sich durch die Verwaltungsvorschrift:
- In stationären Einrichtungen der Pflege und für ältere Menschen ist die Aufzählung für den Bereich der Pflege durch Ergänzung des Wortes „insbesondere“ nicht mehr abschließend. Damit ist es nunmehr möglich, auch Studiengänge der Pflege anzuerkennen.
- Die Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspfleger wurden in der Aufzählung für Pflegeeinrichtungen im Bereich der sozialen Betreuung ergänzt.
- Es wurde bei den gerontopsychiatrisch qualifizierten Fachkräften, die aufgrund des Bestandsschutzes anerkannt sind, die Worte „und tätig“ eingefügt. Damit wird der bisherigen Regelung Rechnung getragen, wonach der Bestandsschutz personengebunden ist, d. h. an die Voraussetzung gebunden ist, dass die Person zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des AVPfleWoqG nicht nur nach den LPSK-Beschlüssen anerkannt bzw. gleichgestellt, sondern auch als gerontopsychiatrisch qualifizierte Fachkraft tätig gewesen sein muss. Dies entspricht dem Sinn und Zweck des Bestandsschutzes. Hierbei möchten wir ergänzend darauf hinweisen, dass diejenigen, die nach dem 01.09.2011 ihren Abschluss, der nach den LPSK-Beschlüssen zur Anerkennung oder Gleichstellung als gerontopsychiatrisch qualifizierten Fachkraft führt, absolviert haben, keinen Bestandsschutz genießen. Dass die LPSK-Beschlüsse aufgrundZeitablaufs nicht mehr gültig sind, ist unbeachtlich.
- Es wurde für die Pflegeeinrichtungen eine Abweichungsmöglichkeit äquivalent zu § 51 Abs. 4 AVPfleWoqG geschaffen. Damit ist es möglich, im Einzelfall Personen als Fachkraft anzuerkennen, auch wenn sie nicht die Voraussetzungen nach der Verwaltungsvorschrift zu § 1 6 AVPfleWoqG erfüllen.
- Die Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen wurden in der Aufzählung für Einrichtungen für Menschen mit Behinderung als pädagogische und pflegerische Fachkräfte für die Gruppenleitung bzw. den Gruppendienst ergänzt.
V. Fachtag Pflegeberufegesetz am 15.05.2019 in München
Wir gehen mit großen Schritten auf die neue Pflegeausbildung 2020 zu. Die Budgetverhandlungen mit Pflege- und Krankenkassen, dem Freistaat Bayern und den Trägern der praktischen Ausbildung sind in der Endphase.
In den nächsten Wochen werden alle Pflegeheime, ambulanten Dienste und solitären Tagespflegen von der Pflegeausbildungsfond Bayern GmbH Post bekommen. Pro Versorgungsvertrag ist dann eine Registrierung von den Trägern zu tätigen.
Aus diesem Anlass wollen wir Sie gerne zum Fachtag “Finanzierung des Pflegeberufegesetzes” einladen.
Bei Interesse lassen Sie uns bitte den Anmeldebogen, den Sie sich unter folgendem Link Anlage 6 herunterladen können, bis spätestens zum 03.05.2019 zukommen.
Haben Sie Fragen?
Dann wenden Sie sich bitte an Herrn Hubert Braun
per E‑Mail unter hubert.braun(at)schwan-partner.de
oder rufen Sie an unter 089 665191–0.
Sie können diesen BAYERNLETTER® inkl. Anlage auch als pdf-Datei herunterladen.