Altenhilfe | Sonderausgabe Energie
A) Rettungsschirm Energie der Bundesregierung
1. § 154 SGB XI Ergänzungshilfen für Pflegeheime und Tagespflegen
Im SGB XI soll ein neuer § 154 „Ergänzungshilfen für stationäre Pflegeeinrichtungen
zum Ausgleich steigender Preise für Erdgas, Wärme und Strom“ eingeführt werden.
Geplante Regelungen im Einzelnen:
a ) Gültigkeit
Der „Rettungsschirm“ gilt nur für Strom, Erdgas und Fernwärme ab 01.10.2022 bis 31.04.2024.
Bei anderen Energieformen wie z. B. Öl, Pellets, Flüssiggas müssen die Kostensteigerungen weiterhin vom Bewohner getragen werden.
b) Referenzmonat März 2022
Pflegeheime und Tagespflegen erhalten eine „Erstattung der Differenz zwischen der abschlägigen Vorauszahlung für den Verbrauch des Monats März 2022 und der jeweiligen laufenden monatlichen abschlägigen Vorauszahlung für die genannten Verbrauchsgüter für den Betrieb der Pflegeeinrichtung (Ergänzungshilfe).“
Der Nachweis der gemachten Angaben hat durch entsprechende Dokumente des Versorgers zu erfolgen.
Somit werden alle Zusatzkosten
- für Strom
- Erdgas
- Fernwärme
ab 01.10.2022 mit dem Basismonat März 2022 verglichen und die Differenz über die Ergänzungshilfen von den Pflegekassen erstattet.
c) Erstattungsverfahren
- Die Zahlungsabwicklung soll nach dem Vorbild der Kostenerstattung nach § 150 Absatz 2 SGB XI erfolgen.
- Die Pflegekassen nehmen die Erstattungsanträge der Pflegeeinrichtungen an, prüfen diese und zahlen die Mittel monatlich aus.
- Die erstmalige Einreichung der Angaben durch die Pflegeeinrichtungen hat spätestens 15 Tage nach Vorliegen der Richtlinien des Spitzenverbands Bund der Pflegekassen zu erfolgen.
- Die letztmalige Einreichung von Angaben muss bis zum 30.08.2024 erfolgen.
- Anträge können für die zurückliegenden Monate kumuliert eingereicht werden.
- Sobald sich die Höhe der gezahlten abschlägigen Vorauszahlungen für Strom, Gas und Fernwärme ändert, sind neue Angaben einzureichen.
- Bei unveränderten abschlägigen Vorauszahlungen zahlen die Pflegekassen die bisherigen Monatserstattungen weiter.
- Um auch Doppelfinanzierungen durch weitere Hilfsgelder beispielsweise aus Unterstützungsprogrammen der Länder zu verhindern, sind diese Zahlungen bei der Einreichung der Unterlagen von der Pflegeeinrichtung mit anzugeben und von den Pflegekassen vom Erstattungsbetrag abzuziehen.
d) Neue Einrichtungen
Bei Pflegeeinrichtungen, deren Eröffnung nach März 2022 liegt, wird für die Ermittlung der Differenz die Abschlagshöhe angesetzt, die sich aufgrund des Neukundenpreises zum 15. Februar 2022 und dem aktuell für die abschlägige Vorauszahlung zugrunde gelegten monatlichen Verbrauch ergibt.
e) Richtlinien Spitzenverband Bund der Pflegekassen
Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen legt in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Gesundheit unverzüglich in Richtlinien das Nähere zum Zahlungsverfahren fest.
Referenzmonat März 2022: Problem Abschlagszahlungen und Verbrauchsabrechnungen
Der Gesetzgeber geht beim Erstattungsverfahren von gleichmäßigen monatlichen Abschlagszahlungen für Strom, Gas und Fernwärme aus (SLP = Standard-Last-Profil).
Viele Pflegeheime habe jedoch eine registrierende Leistungsmessung (=RLM-Zähler) und werden monatlich nach dem tatsächlichen Verbrauch abgerechnet.
- Eine Abschlagszahlung für neue Einrichtung lässt sich somit nicht wie vorgesehen ermitteln.
- Bei einer registrierenden Leistungsmessung (=RLM-Zähler) kann nur die tatsächliche Zahlung berücksichtigt werden.
Empfehlungen Es sollten bereits jetzt alle Verbrauchs- und Abrechnungsdaten für Strom, Erdgas und Fernwärme für den Basismonat März 2022 ermittelt und die Nachweise zusammengetragen werden. |
2. § 82 Absatz 5 SGB XI Verhinderung von Doppelfinanzierungen
Im Zusammenhang mit den geplanten Maßnahmen in der Gaspreiskrise durch eine Strom- und Gaspreisbremse und Hilfsprogramme für Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Rehabilitationskliniken wird die bestehende Regelung in § 82 Absatz 5 SGB XI neu gefasst:
§ 82 Abs. 5 SGB XI bisher
(5) Öffentliche Zuschüsse zu den laufenden Aufwendungen einer Pflegeeinrichtung (Betriebskostenzuschüsse) sind von der Pflegevergütung abzuziehen.
§ 82 Abs. 5 SGB XI neu
(5) Öffentliche Zuschüsse oder andere Unterstützungsmaßnahmen zu den laufenden Aufwendungen einer Pflegeeinrichtung (Betriebskostenzuschüsse), die aus öffentlichen Mitteln finanziert werden, sind von der Pflegevergütung und den Entgelten für Unterkunft und Verpflegung abzuziehen, um Doppelfinanzierungen auszuschließen.
Bei deren prospektiven Bemessung und Vereinbarung sind Betriebskostenzuschüsse im Sinne des Satzes 1 zu berücksichtigen.
Entsprechendes gilt für bereits vereinbarte Pflegevergütungen und Entgelte für Unterkunft und Verpflegung für die Dauer der Bezuschussung; die Vertragsparteien haben dazu eine Ergänzungsvereinbarung abzuschließen. § 115 Absatz 3 Satz 3 bis 6 findet entsprechend Anwendung.
Die Pflegeeinrichtungen haben eine Pflegekasse als Partei der Pflegevergütungsvereinbarung unaufgefordert über Betriebskostenzuschüsse in Kenntnis zu setzen.
Sollten zum Beispiel durch die in Bayern mögliche Sonderkündigungsregelungen bereits Kostensteigerungen auf die Bewohner umgelegt worden sein, müssen diese Kosten bei der Inanspruchnahme der Ergänzungshilfen nach § 154 SGB XI aufgrund der Doppelfinanzierung durch eine Ergänzungsvereinbarung oder über andere Maßnahmen wieder von der Pflegeeinrichtung ausgeglichen werden.
Die Umsetzung durch die Vereinbarungspartner hat unverzüglich, spätestens bei der nächsten regulären Vergütungsverhandlung zu erfolgen.
Fazit - Bei der prospektiven Bemessung und Vereinbarung von Energiekosten sind Betriebskostenzuschüsse für Energie zu berücksichtigen. - Damit sollen ausdrücklich Doppelfinanzierungen ausgeschlossen werden und die Pflegebedürftigen vor Kosten geschützt werden, die bereits von anderen Stellen getragen werden. |
B) Landeshilfen
Der Freistaat Bayern will zusätzlich zu den Bundeshilfen einen Bayerischen Härtefallfonds für soziales Leben und Infrastruktur schaffen, mit dessen Hilfe Einrichtungen –- u.a. Pflegeeinrichtungen – unter bestimmten Voraussetzungen unterstützt werden sollen.
Anders als bei Ergänzungshilfen für Pflegeheime nach § 154 SGB XI, sollen hier nicht für jede Pflegeeinrichtungen die Mehraufwendungen übernommen werden.
- Das Hilfspaket erstreckt sich nicht auf kommunale Einrichtungen.
- Der Härtefallfonds soll Pflegeeinrichtungen zugutekommen, die keine oder eine zu geringe Bundeshilfe erhalten und sich aufgrund der aktuellen Energiekrise in einer existenzbedrohenden Lage befinden.
- Erfasst werden soll die Existenzgefährdung (nur) infolge gestiegener Preise bei den Energieträgern Gas, Öl / Energieholz und Strom.
- Andere Sachkostensteigerungen werden auch bei Existenzgefährdung nicht erstattet.
Fazit Anders als bei den Ergänzungshilfen nach § 154 SGB XI werden Pflegeeinrichtungen nur in einer existenzbedrohenden Lage unterstützt. |
Zusammenfassung Entlastungspakete
- Einige Einrichtungen werden nur bei Strom ab 01.10.2022 entlastet. Für Brennstoffe wie Pellets, Öl, Flüssiggas oder Hackschnitzel wird es keine Entlastungen geben.
- Die übrigen Kostensteigerungen müssen weiterhin über den Pflegesatz refinanziert werden.
- Erhöhte Aufwendungen bei Strom, Erdgas und Fernwärme bis 30.09.2022 sind von den Pflegeeinrichtungen zu finanzieren.
- Das Landespaket schließt kommunale Einrichtungen vollends aus.
- Das Hilfspaket des Freistaats ist noch nicht beschlossen und soll nur auf Einrichtungen in einer existenzbedrohenden Lage beschränkt sein.
C) Sachkostensteigerung in vollstationären Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Tagespflege in Bayern
Die Landespflegesatzkommission fasste in der Septembersitzung für die aktuell besondere Ausnahmesituation den Energiesektor betreffend folgenden einstimmigen Beschluss.
- Pflegeeinrichtungen können zur Refinanzierung der Sachkostensteigerungen mit Wirkung ab dem 01.11.2022 bis zum Ende der Restlaufzeit der bestehenden Vergütungsvereinbarung nach § 85 SGB XI eine Änderungsvereinbarung beantragen.
- Die Sachkostensteigerungen bezogen sich nur auf die unten aufgeführten fünf Positionen:
Pos. | Bezeichnung | Kommentare |
10. | Lebensmittel | z.B. Durchschnitt der letzten Monate. Kontennachweis |
11. | Wasser, Energie, Brennstoffe | laut Nachweise Versorger |
13. | Bezogene Leistungen ‑Küche- | vereinbart bisher wird pauschalt erhöht |
14. | Bezogene Leistungen ‑Hauswirtschaft, Sonstige | vereinbart bisher wird pauschalt erhöht |
16. | Pflegebedarf | z.B. Durchschnitt der letzten Monate |
Durch die Ergänzungshilfen für Pflegeheime und Tagespflegen ändern sich sowohl die Regelungen für „normale“ Pflegesatzanträge und Sonderkündigungen aufgrund von Sachkostensteigerungen.
1. Ansätze für Strom, Gas und Fernwärme im Pflegesatz
Die Positionen Strom, Gas und Fernwärme werden grundsätzlich nur bis zur Höhe des Energiekostenbasismonats März 2022 (x 12 Monate) abgeschlossen.
Das bedeutet, dass für die Positionen Strom, Gas und Fernwärme die Abschlagszahlungen bzw. die bezahlten Aufwandsbeträge aus dem Monat März 2022 zu ermitteln und hochzurechnen sind (x 12 Monate).
Hier sind die Kosten für Wasser und Abwasser hinzuzurechnen – mehr kann in dieser Position nicht refinanziert werden .
Für Brennstoffe wie Pellets, Öl, Flüssiggas oder Hackschnitzel:
- Strom wie oben Energiekostenbasismonats März 2022 (x 12 Monate)
- Nachweis und Berechnung der tatsächlichen Aufwendungen Pellets, Öl usw.
- Auch hier sind die Kosten für Wasser und Abwasser noch hinzuzurechnen
2. Sonderkündigungen mit Brennstoffen wie Pellets, Öl u. a.
Für Einrichtungen mit Brennstoffen wie Pellets, Öl, Flüssiggas oder Hackschnitzel gilt der Beschluss zur Sonderkündigung bis auf eine Änderung bei Strom fort.
Für Strom wird nur der Aufwand für den Basismonats März 2022 (x 12 Monate) berücksichtigt.
3. Sonderkündigung bei Fernwärme und Erdgas
Hier wird eine Änderungsvereinbarung nur abgeschlossen soweit ein Schwellenwert von 1,70 % des vereinbarten Gesamtbudgets auf Basis der aktuell gültigen Vergütungsvereinbarung überschritten wird:
- Lebensmittel
- Pflegebedarf
- bezogene Leistungen Küche
- bezogene Leistungen Hauswirtschaft
- Energie, wenn Basismonat März 2022 noch nicht refinanziert*
Wurde z. B. ein Gesamtbudget von durchschnittlich 120,00 € pro Tag (für PG1-PG5) vereinbart, müssen Steigerungen von 2,04 € pro Tag aus o. g. Positionen nachgewiesen werden.
*Falls die für den Referenzmonat März 2022 maßgeblichen Kosten für Strom, Gas und Fernwärme höher sind als bisher über den Pflegesatz vereinbart, kann die Differenz bei der Änderungsvereinbarung berücksichtigt werden, denn diese Differenz wir nicht durch Ergänzungshilfen für Pflegeheime und Tagespflegen erfasst.
Haben Sie Fragen? Dann wenden Sie sich bitte an Herrn Hubert Braun per E‑Mail unter
hubert.braun@schwan-partner.de oder rufen Sie an unter 089 665191–0.
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