Altenhilfe | Aus der Praxis für die Praxis
I. Tarifpflicht ab 01.09.2022 – Richtlinien für die Pflege treten in Kraft
Richtlinien für die Pflege treten in Kraft
Ab dem 1. September 2022 werden nur noch Pflegeeinrichtungen zur Versorgung zugelassen, die ihre Pflege- und Betreuungskräfte mindestens in Tarifhöhe bezahlen.
Das Bundesministerium für Gesundheit und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales haben nun hierfür die vom GKV-Spitzenverband vorgelegten Richtlinien für eine tarifliche Entlohnung in Einrichtungen der Langzeitpflege genehmigt.
- Die Richtlinien legen fest, wie Pflegeeinrichtungen, die ab dem 1. September 2022 geltenden Zulassungsvoraussetzungen bei der Entlohnung von Pflege- und Betreuungskräften erfüllen können. Sie sind damit ein wesentlicher Pfeiler für das Ziel der Bundesregierung einer angemessenen Bezahlung in der Pflege.
Um die tarifliche Entlohnung der Pflegekräfte zu sichern und zur Versorgung zugelassen zu werden, haben Pflegeeinrichtungen drei Möglichkeiten:
- selbst einen Tarifvertrag abschließen,
- mindestens entsprechend eines regional anwendbaren Tarifvertrags entlohnen oder
- mindestens in Höhe des Durchschnitts aller Tariflöhne in der Region entlohnen.
Was sind keine Tarifverträge?
Keine Tarifvertragswerke sind beispielsweise einseitig von einem Arbeitgeber oder einem Arbeitgeberverband formulierte Entgeltregelungen (einseitig festgelegte „Arbeitsvertragsrichtlinien“), Betriebsvereinbarungen, betriebliche Arbeits- und Sozialordnungen oder Vereinbarungen von für nicht tariffähig erklärten Verbänden.
- Träger von Pflegeeinrichtungen, die sich an die kollektivvertraglichen Mantel und Entlohnungsregelungen kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen lediglich orientieren und nicht alle darin vereinbarten Regelungen umsetzen, sind Träger von Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 72 Absatz 3b SGB XI und zahlen somit nicht nach Tarif.
Welchen Tarif kann man in Bayern wählen und wie hoch ist hier der regionale Tarif?
Als nächsten Schritt veröffentlichen die Landesverbände der Pflegekassen zur Orientierung für die Pflegeeinrichtungen eine Übersicht, welche in der Pflege regional in Bayern anwendbaren Tarifverträge nach § 82c Abs. 2 SGB XI bei den Pflegevergütungsverhandlungen nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden können.
Die Veröffentlichung soll bis spätestens 15. Februar 2022 erfolgen. Eine Entlohnung, die darüber hinaus geht, wird dann als wirtschaftlich anerkannt, wenn es für sie einen sachlichen Grund gibt.
Wann muss gemeldet werden?
- Bis zum 28. Februar 2022 müssen die Pflegeeinrichtungen den Landesverbänden der Pflegekassen melden, für welche der genannten Möglichkeiten sie sich zur Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen entscheiden.
- Um den Einrichtungen genügend Zeit für die Umsetzung der neuen Regelungen zu geben, soll auch für nach dem 28. Februar 2022 eingehende Meldungen ein pragmatisches Verfahren etabliert werden.
- Zusätzlich zu den jährlichen Mitteilungen müssen auch für tarifgebundene Träger bis zum 28.02.2022 der Arge Pflegekassen das Tarifwerk und deren Bestimmungen noch einmal gemeldet werden.
Weitere ausführliche Informationen veröffentlichen wir in einem Sonderbayernletter.
II. Änderungen AVSG Gesonderte Berechnung von Investitionsaufwendungen für geförderte Pflegeeinrichtungen
Die bisherigen Mindestbelegungsquoten von z.B. 347 Berechnungstage für die vollstationäre Pflege wurden gestrichen.
In Zukunft gilt bei der Auslastung der Durchschnittswert aus der Jahresdurchschnittsbelegung der letzten drei Kalenderjahre vor der Antragstellung.
Für Anträge im Jahr 2022 gilt somit der Durschnitt der Belegung der Jahre 2019, 2020 und 2021.
Für Neueinrichtungen kann eine Auslastung von 95 % bzw. 347 zugrunde gelegt werden.
https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayAVSG-G8_4
Empfehlung
Bestehende Bescheide sollten überprüft werden, ob mit der Auslastung der letzten drei Kalenderjahre eine Erhöhung eintritt. Ggfs. müsste auch geprüft werden, ob bei einer Erhöhung von >10% ein neuer Antrag gestellt werden muss.
III. Vergütungszuschlag nach § 132g SGB V DTA-Abrechnung ab 1. Januar 2022
Wie bereits mitgeteilt hat sich der monatliche Vergütungszuschlag für Leistungen der gesundheitlichen Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase nach § 132g SGB V zum 1. Januar 2022 um 1,79 % auf 16,54 € pro Leistungsberechtigten erhöht.
Übergangsfrist bis 30. Juni 2022
Die Ersatzkassen haben sich nun gemeinschaftlich und bundesweit darauf verständigt, dem Wunsch der Verbände der Leistungserbringer zu entsprechen und für eine Übergangsfrist bis 30. Juni 2022 weiterhin Rechnungen im Papierformat zu akzeptieren und auf die vorgesehene pauschale Rechnungskürzung in Höhe von bis zu 5 % zu verzichten. Den Einrichtungen soll somit ein verlängerter Rahmen geboten werden, um die technischen Voraussetzungen für die Abrechnung nach § 302 und § 303 SGB V zu schaffen.
Dies bedeutet aber auch, dass ab dem 1. Juli 2022 das maschinelle Abrechnungsverfahren dann verbindlich im Sinne der Vereinbarung umzusetzen ist.
Die Ersatzkassen werden somit von ihrem Recht Gebrauch machen können, eine pauschale Rechnungskürzung in Höhe von bis zu 5 % des Rechnungsbetrages vorzunehmen. Dies ist möglich, wenn mit der Nacherfassung Kosten verbunden sind, die entstehen, wenn die Daten vom Leistungserbringer nicht maschinell verwertbar nach den einheitlichen Vorschriften übermittelt werden.
IV. Leistungszuschlag nach § 43c SGB XI
Die Bescheide der Pflegekassen über die Höhe der Leistungszuschläge ihrer versicherten Bewohner sind zum größten Teil rechtzeitig eingetroffen.
Auch die Überweisungen der Leistungsbeträge seitens der Pflegekassen sind zum großen Teil im Januar eingetroffen.
Offene Posten
Pflegekassen:
Die Zahlungen der Pflegekassen stimmen nicht, da die Abwesenheitstage der Bewohner*innen nur den Einrichtungen bekannt sind.
Sozialhilfeträger:
Leider gibt es kein einheitliches Vorgehen. Jeder Bezirk macht derzeit seine eigene Umstellung. Hier gibt es nun Überzahlungen und offene Forderungen.
Fazit
Ohne ein abgestimmtes Abrechnungsverfahren zwischen Leistungserbringern, Bezirken und Pflegekassen werden es alle betroffenen Parteien sehr schwer haben, korrekte Abrechnungen und Zahlungen zu tätigen.
Auch nach der Übergangszeit werden abgestimmte Prozesse nötig sein, da bei einer Änderung des Zuschlags und/oder bei Abwesenheit Änderungen in der Rechnungsstellung monatlich eintreten werden.
Haben Sie Fragen? Dann wenden Sie sich bitte an Herrn Hubert Braun per E‑Mail unter
Hubert.braun@schwan-partner.de oder rufen Sie an unter 089 665191–0.
Zum Schluss ein Hinweis in eigener Sache:
Seit Kurzem ist der Relaunch unserer Homepage abgeschlossen und wir laden Sie herzlich ein, uns unter www.schwan-partner.de zu besuchen. Dort stellt sich u.a. auch die seit 1. Januar 2022 neue Geschäftsführung vor.
Sie können diesen Bayernletter hier als pdf-Datei herunterladen.