BAYERNLETTER® März 2024 Ausgabe 203
Altenhilfe | Aus der Praxis für die Praxis
I. TVÖD KAV Bayern Fachkräfte-Richtlinie und Arbeitsmarkt-Richtlinie
Auf dem Arbeitsmarkt gibt es eine erheblich gestiegene Nachfrage nach Fachkräften. Um bei der Gewinnung und der Bindung dieser Fachkräfte marktfähig zu sein und mit anderen Arbeitgebern konkurrieren zu können, bedarf es je nach Tätigkeit und Region unterschiedlicher Anreize, die mit den tariflichen Arbeitsbedingungen nicht immer abzubilden sind.
Die Mitgliederversammlung der kommunalen Arbeitgeber hat deshalb eine „Arbeitgeberrichtlinie zur Gewinnung und zur Bindung von Fachkräften, insbesondere auf dem Gebiet der Informationstechnik und von Ingenieurinnen und Ingenieuren” beschlossen.
Die Arbeitgeberrichtlinien in der Fassung des Beschlusses der Mitgliederversammlung der VKA vom 10. November 2023 bis zum 31. Dezember 2028 verlängert, finden Sie hier zum Herunterladen: VKA Fachkräfte-RL und VKA Arbeitsmarkt-RL
1. Neufassung der Fachkräfte-Richtlinie im TVÖD
Der persönliche Geltungsbereich für die Gewährung der Fachkräftezulage ist erweitert worden. Die Fachkräftezulage konnte und kann an Fachkräfte, die in den Entgeltgruppen 9a bis 15 (Anlage A TVöD) eingruppiert sind, gezahlt werden.
- Darüber hinaus kann nunmehr auch an Fachkräfte, die in den Entgeltgruppen 5 bis 8 (Anlage A TVöD) eingruppiert sind, eine Zulage gezahlt werden
Höhe der monatlichen Zulage:
- Entgeltgruppen 9a bis 15 bis zu 1.500 Euro
- Entgeltgruppen 7 und 8 bis zu 1.000 Euro
- Entgeltgruppen 5 und 6 bis zu 500 Euro
- Entgeltgruppen P 9 bis P 16 bis zu 1.500 Euro
- Entgeltgruppen P 7 und P 8 bis zu 1.000 Euro
Die Fachkräftezulage kann grundsätzlich einzelnen Fachkräften gewährt werden. Unter „Fachkraft“ sind Beschäftigte zu verstehen, die eine für die Tätigkeit einschlägige Berufsausbildung haben und entsprechend tätig sind.
Die Zulage kann zur Deckung des Personalbedarfs bei neu einzustellenden Beschäftigten als auch zur Bindung von vorhandenen Fachkräften gezahlt werden.
2. Vorweggewährung von Stufen
Nach § 16 Abs. 2 TVöD werden Beschäftigte bei ihrer Einstellung der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. Verfügen Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2; verfügen sie über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens drei Jahren, erfolgt bei Einstellung in der Regel eine Zuordnung zur Stufe 3.
Hiervon kann wie folgt abgewichen werden:
- In den Entgeltgruppen 5 bis 15 können neu eingestellte Fachkräfte ohne Berufserfahrung auch der Stufe 2 oder 3 zugeordnet werden.
- Besteht die Notwendigkeit, Fachkräfte zu binden, gilt dies entsprechend.
- In besonderen Fällen kann hierbei auch eine Zuordnung zur Stufe 4 erfolgen.
Die kommenden Jahre stellen die öffentlichen Arbeitgeber vor große Herausforderungen. Der demografische Wandel, die Digitalisierung und immer neue Aufgabenbereiche lassen die Nachfrage nach Fachkräften steigen. Dabei stehen sie in Konkurrenz zur Privatwirtschaft die höhere Gehälter anbietet.
3. Auswirkungen auf Pflegeeinrichtungen
Der Wettbewerb um Arbeitskräfte hat schon lange begonnen und betrifft schon lange nicht mehr nur Fachkräfte auf dem Gebiet der Informationstechnik und von Ingenieurinnen und Ingenieuren. Pflege- und Behinderteneinrichtungen ringen schon jetzt um Hilfskräfte und Fachkräfte und stehen auch hier im Wettbewerb mit der freien Wirtschaft.
Wenn nun auch im TVÖD durch die Anwendung der Fachkräfte-Richtlinie und Arbeitsmarkt-Richtlinie höhere Vergütungen gezahlt werden, müssen Pflegeeinrichtungen hier nachziehen, um überhaupt noch Fachkräfte halten und gewinnen zu können.
II. Wirtschaftliche Lage der ambulanten Dienste
Die wirtschaftliche Lage vieler ambulanten Dienste wird in sehr vielen Umfragen und Publikationen als sehr kritisch gesehen.
So zeigt eine Umfrage der Diakonie alarmierende Zahlen, wonach ambulante Pflegedienste vor einer existentiellen Krise stehen. Eine Insolvenzwelle könnte drohen und die Versorgungssicherheit in der häuslichen Pflege gefährden.
Nachfolgend die Ergebnisse aus der durch die Diakonie Deutschland durchgeführten Umfrage unter ihren Diakoniestationen und ambulanten Pflegediensten:
- 72,7 % der befragten ambulanten Pflegedienste geben an, dass ihre finanzielle Lage angespannt sei
- Bereits im Jahr 2022 haben 54 % ein Jahresdefizit verzeichnet
- 62 % der Befragten rechnen mit einem negativen Ergebnis für 2023
- Ungefähr ein Drittel der ambulanten Pflegeleistungen verfügt lediglich über eine Liquiditätsreserve von höchstens drei Monaten
- Nahezu ein Zehntel der Dienste betrachtet ihre Lage als so existenziell gefährdet, dass sie in den kommenden zwei Jahren möglicherweise schließen müssen
Deshalb fordert die Diakonie Sofortmaßnahmen, um die wirtschaftliche Lage der ambulanten Pflegedienste zu stabilisieren: „Tarifsteigerungen müssen in den Vergütungen umgehend berücksichtig werden, Vergütungsverhandlungen dürfen nicht verschleppt werden“, so Diakonie-Sozialvorständin Loheide.
Die Diakonie fordert ein flächendeckendes Monitoring der Pflegedienste, eine Verringerung der bürokratischen Anforderungen an die Dienste sowie eine Anpassung der Sachleistungen der Pflegeversicherung an den aktuellen Bedarf und die deutlich gestiegenen Kosten durch die Bundespolitik.
„Nur wenn die Pflegedienste ausreichend finanziert werden, können sie die erforderlichen Fachkräfte gewinnen.“, fügt Schuhmann, die Diakonievorständin von Bayern, hinzu. Dagegen muss die Politik konkrete Maßnahmen ergreifen. „Hier ist auch die Landespolitik gefragt.“
Auch vom Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad) e. V. wird vom dramatischen Geschehen berichtet. Demnach mussten im Januar 2024 laut Pflegemarkt.com bereits 46 Pflegedienste im ambulanten Bereich schließen, was insgesamt 2.019 versorgte Pflegebedürftige betrifft. Obwohl es nicht möglich war, die Versorgungszahlen von neu gegründeten Pflegediensten genau zu bestimmen, ist es laut bad e.V. offensichtlich, dass die verloren gegangenen Versorgungen angesichts von nur 29 Neugründungen im Januar 2024 bei weitem nicht ausgeglichen werden konnten.
Es wird häufig behauptet, dass der Saldo aus Schließungen und Neugründungen nicht so schlecht sei, da es ja immer Neugründungen gibt. Nur: eine Neugründung beispielsweise in Oberbayern nützt dem Pflegebedürftigen in Franken wenig, wenn sich dort das Angebot durch Schließung reduziert hat.
Zudem haben Neugründungen nur wenige Mitarbeiter und können das Loch, das von einem insolventen Pflegedienst gerissen wird, nur teilweise füllen.
Haben Sie Fragen? Dann wenden Sie sich bitte an Herrn Hubert Braun per E‑Mail unter
hubert.braun@schwan-partner.de oder rufen Sie an unter 089 665191–0.
III. Umstellung auf das Nettoprinzip – unser Online-Webinar-Angebot
In der Februar-Ausgabe unseres BAYERNLETTERS hatten wir über die in diesem Jahr stattfindende Umstellung durch die Bezirke Schwaben und Unterfranken hinsichtlich der Leistungsgewährung für die „Hilfe zur Pflege“ auf das Nettoprinzip ausführlich berichtet. In der Zwischenzeit haben beide Bezirke ihre Umstellungstermine mit dem 01.08.2024 (Bezirk Schwaben) und dem 01.09.2024 (Bezirk Unterfranken) an die Leistungserbringer veröffentlicht.
Zu diesem sehr komplexen Thema, welches einschneidende Veränderungen in den Verwaltungen der Träger mit sich bringen wird, haben wir auch Online-Webinare angeboten, die eine große Resonanz bei den Leistungserbringern hervorrief.
Aus diesem Grunde werden wir noch weitere Webinar Termine anbieten, um allen Anfragen im Sinne der Träger gerecht zu werden. Dazu genügt es vollkommen, einfach Ihr Interesse unter der E‑Mail-Adresse rainer.walk@schwan-partner.de anzumelden. Wir werden uns dann entsprechend mit Ihnen in Verbindung setzen.
Haben Sie Fragen? Dann wenden Sie sich bitte an Herrn Rainer Walk per E‑Mail unter rainer.walk@schwan-partner.de oder rufen Sie an unter 089 665191–0
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